Neben medizinischen Hörgeräten, die in Deutschland fast ausschließlich beim Akustiker erhältlich sind, gibt es auch sogenannte Hörverstärker. Sie bieten eine billige Alternative zu medizinischen Hörgeräten und werden teilweise schon ab 20 Euro angeboten.
Aber sind solche Billig-Lösungen empfehlenswert? In diesem Artikel erfahren Sie alles zum Thema Hörverstärker.
Was sind Hörverstärker?
Vom Funktionsprinzip ähneln sich Hörverstärker dem klassischen Hörgerät. Denn auch sie verfügen über mehrere Mikrofone, Verstärker und Lautsprecher. Häufig sehen Hörverstärker sogar auch fast so aus, wie medizinische Hörhilfen.
Qualitativ können sie jedoch definitiv nicht mit einem medizinischen Hörgerät mithalten. Als medizinische Produkte gelten Hörverstärker deshalb nicht.
In der Regel werden Hörverstärker ohne Zulassung verkauft und müssen daher auch keine standardmäßigen Prüfverfahren über sich ergehen lassen. Im Vergleich zu medizinischen Hörgeräten, die bis zu 2500 Euro kosten können, werden Hörverstärker bereits ab 20 Euro angeboten. Aber woran liegt das?
Hörverstärker sind keine Hörgeräte
Die Aufgabe eines Hörverstärkers ist es, die vom eingebauten Mikrofon aufgenommenen akustische Signale zu verstärken. Der große Nachteil: es werden also nicht nur Sprache oder Musik, sondern auch alle Neben- und Störgeräusche verstärkt.
Der Hörkomfort ist deshalb um einiges geringer als bei einem medizinischen Gerät.
Hörverstärker eigenen sich daher nur für ein sehr ruhiges Umfeld wie z. B. die eigenen vier Wände. In allen anderen Situationen macht sich die fehlende Filter-Funktion zu sehr bemerkbar. Störgeräusche wie z. B. Wind oder Rauschen werden also ungefiltert ins Ohr übertragen.
Für das dauerhafte Tragen sind Hörgeräte daher nicht geeignet. Einen Ersatz für eine medizinische Hörhilfe bietet der Hörverstärker daher nicht.
Sollte ich bei einer Hörschwäche direkt zum HNO-Arzt gehen?
Ja. In diesem Fall sollten Sie direkt einen HNO-Facharzt aufsuchen. Dieser kann einen Hörtest durchführen und feststellen, wie sehr Ihr Gehör beeinträchtigt wird.
Es gibt gewisse Grenzwerte, bei denen Ihnen der HNO-Arzt eine sogenannte Hörgeräteverordnung ausstellt.
Durch diese Verordnung können Sie sich bei einem Hörgeräteakustiker ein zuzahlungsfreies Hörgerät aussuchen – dieses wird also komplett von der gesetzlichen Krankenkasse bezahlt.
Wie Sie sich auf einen Termin beim Hörgeräteakustiker vorbereiten können und wie die verschiedenen Anbieter in einer Umfrage von der Stiftung Warentest abgeschnitten haben, erfahren Sie in diesem Artikel: www.tinnitus-selbsthilfe.org/hoerakustiker-test-stiftung-warentest
Hörverstärker im Test – was sagen Experten?
Hörverstärker sind frei verkäuflich und müssen keinerlei Qualitätskontrollen bestehen. Auch gesetzliche Vorgaben gibt es nicht – und genau das kann fatale Folgen haben.
Dazu gibt es ein Beispiel aus der Forschung: Amerikanische Wissenschaftler führten einen Test mit verschiedenen Hörverstärkern durch und stellten fest, dass die Leistungen von Hörverstärkern grundsätzlich ungenügend sind.
Darüber hinaus gab es ein weiteres, alarmierendes Ergebnis: Hörverstärker können das Gehör schädigen.
Aber wie genau? Das liegt an selbst produzierten, lauten Tönen, die häufig bei Rückkopplungseffekten entstehen. Diese lauten Geräusche können eine große Belastung für die Ohren darstellen.
Bei modernen medizinischen Hörgeräten kann das nicht passieren. Denn diese verfügen über eine Filterfunktion, die alle Stör- und Nebengeräusche herausfiltern.
Unser Tipp: Suchen Sie bei Hörproblemen einen HNO-Facharzt auf und lassen Sie sich untersuchen. Wenn dieser feststellt, dass Sie ein Hörgerät benötigen, wird Ihnen eine sogenannte Hörgeräteverordnung ausgestellt.
Mit dieser Verordnung erhalten Sie bei einem Akustiker eine medizinische Hörhilfe – wenn es sich um ein Kassenhörgerät handelt sogar ohne Zuzahlung.
Mehr zum Thema Kosten & Hörgeräte finden Sie auf unserer Seite: Kosten für Hörgeräte im Überblick.
Medizinische Hörgeräte vom Akustiker
Der Kauf eines medizinischen Hörgerätes ist etwas aufwändiger als der eines Hörverstärkers. Denn hierfür benötigen Sie wie bereits erwähnt eine Verordnung vom HNO-Arzt, sofern sie Ihr Hörgerät nicht vollständig selber bezahlen wollen.
Grundlegend ist der Prozess aber trotzdem nicht besonders kompliziert. Er besteht nämlich eigentlich nur aus 4 Schritten:
- Ein HNO-Arzt führt einen Hörtest durch und händigt Ihnen bei Bedarf eine Hörgeräteverordnung aus.
- Der Hörgeräteakustiker stellt Ihnen verschiedene Geräte vor und berät Sie individuell.
- Sie testen 1 – 3 Geräte bestenfalls jeweils zwei Wochen lang kostenlos und unverbindlich.
- Wenn Sie sich für ein Gerät entschieden haben, wickelt der Akustiker die Abrechnung direkt über die Krankenkasse ab und stellt Ihnen das Gerät individuell auf Ihre Bedürfnisse ein.
Der große Vorteil an einem medizinischen Hörgerät ist, dass dieses vom Hörgeräteakustiker speziell auf Ihre Bedürfnisse angepasst werden kann.
Auch das unverbindliche Probetragen verschiedener Geräte ist in der Regel möglich.
Wichtig: Auch nach dem Kauf muss der Akustiker Ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen. So können Sie ihn für Neueinstellungen, eine professionelle Reinigung sowie Reparaturen immer wieder aufsuchen.
Fazit: Hörverstärker keine dauerhafte Lösung
Hörverstärker sind zwar günstig, jedoch bieten sie nur begrenzt einen Mehrwert und sind keine dauerhafte Lösung bei nachlassender Hörleistung.
Forscher haben sogar festgestellt, dass durch laute Störgeräusche weitere Schäden am Ohr entstehen können.
Und auch im Preisvergleich schneiden Hörverstärker nur auf den ersten Blick günstiger ab. Sie sind zwar bereits ab 20 Euro erhältlich, jedoch können Sie moderne medizinische Hörgeräte kostenfrei erhalten und zahlen lediglich die gesetzliche Rezeptgebühr von 10 Euro pro Gerät.