In Deutschland leiden mehr als 3 Millionen Menschen an einem Tinnitus. Aber woher kommen die lästigen Ohrgeräusche? Von Mensch zu Mensch unterscheiden sich die Ursachen sehr stark.
Aus medizinischer Sicht kann ein Tinnitus im Zusammenhang mit vielen Erkrankungen des Ohres stehen. In diesem Artikel erhalten Sie einen Überblick zu den möglichen Ursachen von Tinnitus.
Subjektiver und objektiver Tinnitus
Experten unterscheiden bei der Diagnose zwischen 2 Arten des Tinnitus. Kann eine Schallquelle innerhalb des Körpers bestimmt werden, spricht man von einem objektiven Tinnitus. Eine tatsächliche Schallquelle können z. B. Strömungsgeräusche in den Blutgefäßen sein. Der objektive Tinnitus zählt zu den eher seltenen Fällen.
Mehr als 99 % der Betroffenen leiden unter einem subjektiven Tinnitus. Dieser Tinnitus entsteht laut aktueller Studien aus der Neuro-Forschung nicht im Ohr selbst, sondern durch eine sogenannte abnormale Aktivität von Nervenzellen im Gehirn.
Wichtig: Falls Sie unangenehme Geräusche in Ihrem Ohr wahrnehmen, sollten Sie schnellstmöglich einen HNO-Arzt aufsuchen.
Dieser kann feststellen, um welche Art von Tinnitus es sich handelt und eine geeignete Behandlung Vorschlagen. Es gilt grundsätzlich: je früher die Diagnose erfolgt, desto höher sind die Erfolgschancen bei einer Therapie.
Ursachen eines subjektiven Tinnitus im Überblick
Aber wo genau liegen die Ursachen für einen subjektiven Tinnitus? Hier gibt es einige Möglichkeiten:
- Altersschwerhörigkeit
- Hörsturz
- Schalltrauma (Lärm-, Knall-, Explosionstrauma)
- Fremdkörper im Gehörgang
- Entzündungen des Ohrs
- Infektion (viral oder bakteriell)
- Akustikusneurinom
- Morbus Ménière
- Chronische Mittelohrentzündung
- Otosklerose
- Herz-Kreislauf-Krankheiten
- Stoffwechsel- und Nierenkrankheiten
- Dekompressionskrankheit
- Erkrankung des zentralen Nervensystems
- Endolymphschwankungen
- Autoimmunerkrankungen des Innenohrs
- Muskuläre Ursachen
- Funktionelle Störungen des Kiefergelenks oder der Halswirbelsäule
Wie Sie sehen gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, die einen subjektiven Tinnitus verursachen können. Daher ist es wichtig, schnellstmöglich einen HNO-Arzt aufzusuchen.
Dieser kann bei einem Großteil der Fälle die Ursache feststellen, sodass anschließend die Therapie des Tinnitus starten kann.
Ursachen eines objektiven Tinnitus im Überblick
- Gefäßmissbildungen
- Gaumensegelnystagmus
- Tubenfunktionsstörungen
- Tumore im Mittelohr
- Hämangiome (Blutschwämme)
- Tumore im Mittelohr
- Veränderung des Blutstromes in den Halsvenen
Welche Prozesse im Gehirn führen zu einer Wahrnehmung von Ohrgeräuschen?
Um zu verstehen, wie Frequenzen über die Sinneszellen des Innenohrs an das Gehirn weitergeleitet werden, kann man sich die Tastatur eines Klaviers vorstellen. Die Sinneszellen im Innenohr sind nämlich tonotop angeordnet. Das heißt: Diejenigen Zellen, die am Beginn der Hörschnecke liegen sind für die Wahrnehmung der hohen Frequenzen zuständig. Die Zellen am Ende der Hörschnecke leiten wiederum die tieferen Frequenzen weiter.
Bei einer Schädigung der Sinneszellen im Innenohr verschlechtert sich das Hörvermögen in den einzelnen Frequenzbereichen. Dadurch werden schwächere Signale vom Innenohr an die primäre Hörrinde weitergeleitet. Die sich in der primären Hörrinde befindlichen Nervenzellen erhalten nun ungewohnt schwache Signale von den Sinneszellen. Das menschliche Gehirn sucht nun nach einer Lösung für diesen Umstand und passt sich an die neuen Gegebenheiten an. Es organisiert die einzelnen Verbindungen zwischen den betroffenen Nervenzellen daher neu (sogenannte Reorganisation).
Bei einem subjektiven Tinnitus verläuft diese Reorganisation jedoch fehlerhaft. Die normale Signalverarbeitung wird daher gestört. Durch diese Störung kann es zu einer chronischen Überaktivität und synchronisiertem “Feuern” der betroffenen Nervenzellen kommen.
Hierdurch entsteht dann der lästige Ton, ein fortwährendes Piepen, Summe, oder Pfeifen, der als Tinnitus beschrieben wird.
Neue Erkenntnisse über die Entstehung von Tinnitus
Aber wie entsteht ein Tinnitus eigentlich? Über lange Zeit ging die Wissenschaft davon aus, dass ein subjektiver Tinnitus im Innenohr entsteht. Diese Annahme wurde widerlegt: Ein Tinnitus wird in der Regel trotz einer Durchtrennung des Hörnervs wahrgenommen. Beim subjektiven Tinnitus besteht vielmehr eine Phantomwahrnehmung. Das heißt, dass im Gehirn eine abnormale neuronale Aktivität entsteht, obwohl hierzu kein Reiz als Auslöser vorliegt.
Auslöser für einen Tinnitus ist demnach in den meisten Fällen eine Hörschädigung. Die tatsächliche Wahrnehmung des Ohrgeräusches wird jedoch vom Gehirn angesteuert.
Quellen und weitere Literatur
- S1-Leitlinie Hörsturz
https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/017-010l_S1_Hoersturz_2014-02-verlaengert.pdf - S3-Leitlinie 017/064: Chronischer Tinnitus
https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/017-064l_S3_Chronischer_Tinnitus_2015-02.pdf - Therapie des unspezifischen Tinnitus ohne organische Ursache – Health Technology Assessment (HTA)
https://portal.dimdi.de/de/hta/hta_berichte/hta118_bericht_de.pdf - Deutsche Tinnitus Liga e. V.
https://www.tinnitus-liga.de - Definition Tinnitus
https://flexikon.doccheck.com/de/Tinnitus_aurium